Entwicklung der Dampflokomotive

Vorheriges | Folgendes Kapitel

Frühe Lokomotiventwicklung

Trevithicks erste Lokomotive von 1803/04 (Abb.) besaß einen waagerecht im Kessel liegenden Zylinder, dessen Kolben über Blindwelle (Kurbelwelle ohne Treibräder) mit Schwungrad und Zahnradvorgelege die zwei Achsen antrieben. Sie wurde am 21. Februar 1804 auf der Werkbahn bei Merthyr Tydfil (Wales) in Bewegung gesetzt. Hier erwiesen sich die Curr'schen Winkelschienen aus Gusseisen den Achslasten nicht gewachsen. Eine zweite Lokomotive „Catch me who can" folgte 1808; sie wurde Schaulustigen in London auf einer kreisförmigen Bahn vorgeführt. Der Erfinder wandte sich dann der Entwicklung der ortsfesten Hochdruckdampfmaschine zu. Trotz Trevithicks Erkenntnis der ausreichenden Reibung versah John Blenkinsop (1783-1831) seine von Murray 1812 gebaute Lokomotive (Abb.) mit Zahnradantrieb: Die erste Zahnradbahn und vielleicht die erste Zweizylinderdampfmaschine. Zwei senkrechte Zylinder trieben über versetzte Kurbeln ein einseitiges Zahnrad, das sich mittig zwischen den Laufrädern befand. Christopher Blackett (ca. 1770-1835) stellte durch Versuche fest, dass die Reibung zwischen Rad und Schiene für den Lokomotivbetrieb ausreicht, und er bemühte sich, für die Wylam-Zechenbahn eine Lokomotive zu bauen. Im Gegensatz zu ihm gelang William Hedley (1779-1843) die Konstruktion der ersten betriebstauglichen Lokomotive „Puffing Billy" (Abb.), die bis 1862 auf der Wylam-Bahn im Dienst war. Ihr zylindrischer Kessel hatte ein U-förmges Flammrohr. Die stehenden Zylinder waren außerhalb des Kessels und trieben über einarmige Balanciers, Kurbeln, eine Blindwelle und Zahnräder beide Achsen an. Die erste von George Stephenson (1781-1848) als Maschinenmeister der Grube in Killingworth 1814 gebaute Lokomotive „Blücher" lehnte sich eng an das Vorbild von Hedley an, bewährte sich aber nicht. Die Maschine des im Folgejahr gebauten Modells (Abb.) ebenfalls mit zwei senkrechten Zylindern im Kessel arbeitete über Querhäupter und beiderseitige Treibstangen direkt auf die Radsätze. Die Kurbeln beider Achsen waren um 90° versetzt, und die Radsätze waren durch endlose Ketten gekuppelt, obwohl Stephenson auch ein Patent auf die Verwendung von Kuppelstangen hatte. Im Jahre 1823 gründete er mit zwei Teilhabern und seinem Sohn Robert die erste Lokomotivfabrik in Newcastle-on-Tyne. Als leitender Ingenieur der Stockton-Darlington-Bahn erreichte er dort die Einführung des Lokomotivbetriebs 1825. Deren erste Lokomotive „Locomotion" (Abb.) ähnelte der Bauart von 1815, war aber mit Kuppelstangen ausgerüstet. Eine wesentliche Verbesserung war die Triebswerksanordnung von Stephensons Mitarbeiter Timothy Hackworth (1786-1850), der beim Umbau seiner „Royal George" (1827) die beiden Dampfzylinder beiderseits des Kessels anordnete, ihre Treibstangen auf nur eine Achse mit 90° Kurbelversetzung wirken ließ und die beiden Achsen durch Kuppelstangen verband (Abb.) . Zwar ließ bereits Trevithick zur besseren Feueranfachung den Abdampf durch den Schornstein entweichen, doch erst Hackworth verwendete ein düsenförmiges Blasrohr, um den Saugzug zu erhöhen. Bei senkrechter Zylinderanordnung und direktem Antrieb übertrug sich das senkrechte Federspiel des Radsatzes auf die Kolbenbewegung. Da dieser nicht an die Zylinderdeckel anstoßen darf, musste das Spiel (der „schädliche Raum", der die thermische Wirtschaftlichkeit der Maschine verschlechtert) entsprechend vergrößert werden oder man musste auf die Federung des Radsatzes verzichten. Ferner führten die Kraftwechsel im Triebwerk zu starken Federschwingungen im Fahrgestell. Um diese Einflüsse zu verringern, baute Stephenson ab 1828 seine Lokomotiven mit geneigten Zylindern – seither entsprach die Triebwerksanordnung weitgehend derjenigen der klassischen Dampflokomotive mit waagerechten Zylinderachsen..

Vorheriges | Folgendes Kapitel