Brauerei zum Felsenkeller bei Dresden

Allgemeines

FirmennameBrauerei zum Felsenkeller bei Dresden
OrtssitzDresden
OrtsteilPlauen
Postleitzahl01187
Art des UnternehmensBrauerei
Anmerkungen[Referenzlisten]: "Actienbrauerei zum Felsenkeller". Adresse um 1943: Dresden A. 27, Schließfach 24. 1878 mit eigener Mälzerei (2 englische Doppeldarren). War um 1900 die größte Brauerei Sachsens, die zweitgrößte Norddeutschlands und die neuntgrößte im Deutschen Reich; der Arealbesitz der Brauerei umfaßt insgesamt 200.000 qm, auf denen sich die baulichen Anlagen mit 23.500 qm Grundfläche erheben.
Quellenangaben[Dresdner Felsenkeller (1900)] [Bauten von Dresden (1878) 576] [Handbuch Akt.-Ges. (1943) 689] [Zur techn.-ind. Entwicklung Dresdens (1956) 52]
Hinweise[Dresdner Felsenkeller (1900)]: Werksansicht, Lageplan; [15]: Malztenne; [16]: Sudhaus; [17]: Böttcherwerkstatt; [17]: Kühlschiff; [18]: Gärkeller; [18]: Lagerkeller; [19]: Teil der Felsenkeller; [20]: Maschinenhaus; [23]: Schwankhalle und Picherei; [24]: Abziehhalle; [24]: Bahnverladehalle; [25]: Fuhrpark; [Umschlag]: Schutzmarke




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
1856 Gründung
06.10.1856 Es wurde mit der Sprengung der neun Felsenkeller begonnen (Zeitungsbericht). Jeder von ihnen ist 60 m lang, 5,5 m breit und 5,5 m hoch. Die Keller laufen rückwärts in einen 140 m langen Verbindungsgang aus. Die Gesamtfläche der in Deutschland einzigartigen Kelleranlage beträgt 3820 qm.
29.08.1857 Ferliche Hebung des neuen Gebäudes der Brauerei
12.09.1857 Gründung mit einem Grundkapital von M 900.000,00.
06.10.1857 Die Brauerei wird vom 6. Oktober (Bestätigung durch Ministerial-Dekret) an mit einem Kapital von 900.000 Mark (300.000 Taler, eingeteilt in 3000 Stück Aktien à 100 Taler) angelegt. Die ursprüngliche Anlage ist auf eine Jahresproduktion von 35.000 hl berechnet.
Anf. 1858 Das erste Felsenkeller-Bier kann gebraut werden.
1859 Aufnahme einer Anleihe von 100.000 Talern
1862 Carl Krimpe wird geschäftsführender Direktor
1864 Bau einer Wasserleitung von 200 mm Durchmesser vom Kaitzbachgrund nach der Brauerei. Ein Wasserbassin und Reserven zur Aufnahme des Wassers im Brauereigebäude sorgen für den ständig neuen Wasservorrat. - Nach und nach entstehen sechs Tiefbrunnen, aus denen das Wasser durch unterirdische Rohrleitungen in oberhalb der Brauerei gelegene Hochbehälter gedrückt wird. Dadurch steht der Brauerei tadelloses, durch Syenit-, Pläner- und Sandsteinschichten filtriertes Wasser zur Verfügung.
1868 Die ursprünglich auf eine Jahresproduktion von 35.000 hl berechnete Anlage muß erweitert werden, namentlich durch den Bau umfangreicher Gär- und Lagerkeller. - Sie erreicht um 1878 eine Kapazität von 100.000 hl.
1873 Aufnahme einer Anleihe von 450.000 Talern
1882 Die Anleihe von 1859 (100.000 Taler) ist zurückgezahlt
1891 Aufnahme eines hypothekarischen Darlehns von 600.000 Mark
1894 Tod des Kgl. Sächs. Kommerzienrats Carl Krimpe, welcher 32 Jahre lang als geschäftsführender Direktor an der Spitze der Gesellschaft stand.
1896 Die Anleihe von 1873 (450.000 Taler) ist vollkommen getilgt
1898 Für die Erweiterungsbauten wird ein Handdarlehn von 400.000 Mark aufgenommen. - Es soll in den Jahren nach 1900 zurückgezahlt werden.
1900 Bau von Umkleideräumen, Waschräumen und zwei Bädern
25.12.1905 bis 31.12.1905 Ende des Jahres 1905 wird dem Unternehmen die Malzfabrik Pirna vorm. J, Ph. Lipps & Co. angegliedert.
1923 Aussperrung von Arbeitern
1925 Das Aktienkapital wird im Laufe der Zeit mehrfach erhöht, zuletzt bis auf M 33.000.000,00, davon M 30.000.000,00 Stamm- und RM 3.000.000,00 Vorzugsaktien. Im Jahre 1925 wird es gemäß der Verordnung über Goldbilanzen umgestellt auf RM 9.073.600,00.
1925 Streik
07.01.1930 Die Hauptversammlung vom 7. Januar 1930 beschließt die Einziehung der nom. RM 73.600,00 Vorzugsaktien.
29.04.1932 Das RM 9.000.000,00 betragende Grundkapital wird laut Hauptversammlungsbeschluß vom 29. April 1932 durch Einziehung von RM 500.000,00 im Besitz der Gesellschaft befindlichen eigenen Aktien und Zusammenlegung der übrigen RM 8.500.000,00 Aktien im Verhältnis 5 : 3 auf Reichsmark 5.100.000,00 herabgesetzt.
Anfang 1933 Mit dem Machtantritt Hitlers werden 15 der "fortschrittlichsten Kollegen" (Kommunisten) entlassen.
1938-1939 Erwerb eines Wohngrundstückes und Verkauf eines nicht mehr benötigten Grundstückes
1938-1939 Errichtung einer neuen Pasteurisierungsanlage
1941-1942 Zuwachs von Anteilsrechten.
13.01.1943 Laut Aufsichtsratsbeschluß vom 13. Januar 1943 Kapitalberichtigung gemäß DAV vom 12. Juni 1941 um 50 % = RM 2.550.000,00 auf RM 7.650.000,00. Der hierzu erforderliche Betrag wird gewonnen durch Entnahme von Reichsmark 550.000,00 aus gesetzlicher Rücklage, RM 335.000,00 aus freier Rücklage und RM 1.665.000,00
10.02.1943 Letzte ordentliche Hauptversammlung bis 1943/44
1946 Die Aktiengesellschaft wird enteignet und verstaatlicht.
1949 Anschluß an die "Vereinigung Volkseigener Betriebe der Brau- und Malzindustrie"
1952 Umfirmierung in "VEB Dresdner Felsenkellerbrauerei"
1954 Der Bierausstoß erreicht eine Höhe von 320.190 hl
1964 Die Brauerei wird als Werk West mit den Dresdner Brauereien zusammengeschlossen.
1973 Der Bierausstoß erreicht 500.000 hl
1981 Einstellung der Flaschenbierproduktion und Verlegung in die neu errichtete Coschützer Brauerei. Es werden in diesem Jahr 606.000 hl Faß- und Tankbier produziert
1991 Schließung der Brauerei und Umwandlung in das "Gewerbegebiet Felsenkeller Dresden"




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Bier 1858 Beginn Anfang 1858 1991 Ende ab 1880 auch Pilsener Bier




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschine 1901 Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG
Dampfmaschine 1891 Maschinenfabrik Augsburg AG
Dampfmaschine 1891 Maschinenfabrik Augsburg AG
Dampfmaschine 1891 Maschinenfabrik Augsburg AG
Dampfmaschine 1897 Maschinenfabrik Augsburg AG
Dampfmaschine vor 1878 unbekannt
Dampfmaschine vor 1878 unbekannt




Maschinelle Ausstattung

Zeit Objekt Anz. Betriebsteil Hersteller Kennwert Wert [...] Beschreibung Verwendung
1878 Gasmotor 2   unbekannt Leistung 3 PS    
1900 Dampfkessel 5   unbekannt Heizfläche gesamt 480 qm 4 große Zweiflammrohrkessel + 1 kombinierter Kessel mit 4 Flammrohren. Gesamt-Verdampfung: 10 t Wasser/h  




Personal

Zeit gesamt Arbeiter Angest. Lehrl. Kommentar
März 1945 239        
Ende Dez. 1954 610        




Produktionszahlen

von bis Produkt im Jahr am Tag Einheit
1859 1859 Bier 20000   hl
1860 1860 Bier 19000   hl
1861 1861 Bier 18000   hl
1862 1862 Bier 30000   hl
1863 1863 Bier 31000   hl
1864 1864 Bier 27000   hl
1865 1865 Bier 34000   hl
1866 1866 Bier 44000   hl
1867 1867 Bier 38000   hl
1868 1868 Bier 47000   hl
1869 1869 Bier 47000   hl
1870 1870 Bier 55000   hl
1871 1871 Bier 65000   hl
1872 1872 Bier 88000   hl
1873 1873 Bier 97000   hl
1874 1874 Bier 105000   hl
1875 1875 Bier 108000   hl
1876 1876 Bier 101000   hl
1877 1877 Bier 92000   hl
1878 1878 Bier 88000   hl
1879 1879 Bier 79000   hl
1880 1880 Bier 86000   hl
1881 1881 Bier 88000   hl
1882 1882 Bier 88500   hl
1883 1883 Bier 88500   hl
1884 1884 Bier 80000   hl
1885 1885 Bier 87000   hl
1886 1886 Bier 89000   hl
1887 1887 Bier 89000   hl
1888 1888 Bier 92000   hl
1889 1889 Bier 98500   hl
1890 1890 Bier 114000   hl
1891 1891 Bier 122000   hl
1892 1892 Bier 125000   hl
1893 1893 Bier 130000   hl
1894 1894 Bier 136000   hl
1895 1895 Bier 160000   hl
1896 1896 Bier 181000   hl
1897 1897 Bier 203000   hl
1898 1898 Bier 223000   hl
1899 1899 Bier 244544   hl
1954 1954 Bier 320190   hl
1973 1973 Bier 500000   hl
1981 1981 Faß- und Tankbier 606000   hl




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1922 Interessengemeinschaft zuvor Brauerei-Genossenschaft Cainsdorf  




Allgemeines

ZEIT1943
THEMAOrgane und Kapital der Gesellschaft
TEXTVorstand: Gustav Beck, Dresden; Dr. Hans Roerig, Dresden. Braumeister: Max Zinsmeister, Wilhelm Hamacher. Aufsichtsrat: Direktor. Max Najork, Dresden, Vorsitzer; Hofrat Dr. phil. Georg Barth, Lauf b. Nürnberg, stellv. Vorsitzer; Bankdirektor Richard Holland, Dresden, stellv. Vorsitzer. Fabrikbesitzer Herbert Esche, Chemnitz; Kaufmann Rudolf Grünewald, Frankfurt (Main); Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Kurt Heitzig, Zwickau Sa.; Ingenieur August Helwig, Unterschondorf b. München; Mühlenbesitzer Dr. Franz Herrschel, Dresden; Patentanwalt Dipl.-Ing. Otto H. Knoop, Dresden; Generaldir. Generalmajor a. D. Richard Moeller, Dresden; Bankdirektor Günther v. Platen, Dresden. Abschlußprüfer für das Geschäftsjahr 1942/43: Treuhand-Vereinigung Aktiengesellschaft, Dresden. Geschäftsjahr: 1. Oktober bis 30. September. Hauptversammlung (Stimmrecht): je nom. RM 100,00 Stammaktien 1 Stimme. Zahlstellen: Gesellschaftskasse in Dresden; Dresdner Bank und deren sämtliche Niederlassungen. Grundkapital: nom. RM 7.650.000,00 Stammaktien in Stücken zu je RM 1.000,00, RM 300.- und RM 100,00; Bestand an eigenen Aktien: nom. RM 450.000,00 (Buchwert RM 270.000,00).
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 689]


ZEIT1943
THEMAZweck und Gegenstand des Unternehmens
TEXTGegenstand des Unternehmens: Betrieb des Brauerei- und Mälzereigewerbes und seiner Nebengewerbe, die Herstellung und der Vertrieb von Bier, Eis und alkoholfreien Getränken, sowie Bearbeitung und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die Gesellschaft ist berechtigt, Zweigniederlassungen im In- und Auslande zu errichten, sich an anderen Betrieben, die zu den Gesellschaftszwecken irgendwie in Beziehungen stehen, zu beteiligen oder solche zu pachten. Produktion: Untergärige Biere nach Pilsner, Münchner, Kulmbacher Art, Lagerbier sowie Weizenbier, Eisenbier, alkoholfreie Getränke, ferner Eis.
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 689]


ZEIT1943
THEMABesitzverhältnisse
TEXTGrundbesitz: 363 572 qm, wovon 35 880 qm bebaut sind. 1. Brauerei Dresden-Plauen. Grundbesitz: 298 630 qm. Anlagen: 3 Sudhäuser mit je 70 Zentner Schüttung; Gärkeller mit Hefe-Reinzuchtanlage (Fassungsvermögen von etwa 15 000 hl); Lagerräume für etwa 90 000 hl. Maschinelle Anlagen: 4 Hochdruckwasserrohrkessel mit mechanischer Kohlebeschickung (1042 qm Heizfläche), 2 Verbunddampfmaschinen (1050 PS Leistung), 3 Gleichstromerzeuger, Hochspannungsdynamo. Die Kraftzentrale ist außerdem an die Überlandzentrale angeschlossen und mit Umspanner sowie Einankerumformer ausgerüstet. 2 Kältemaschinen mit 760000 WE/h, 150 Motoren mit ca. 850 kW Leistung. Sonstige Anlagen: 5 eigene Brunnenanlagen im Kaitzbachgrund mit einer Leistung von 150 cbm/h, Anschluß an die örtliche Wasserleitung. Reichsbahnanschlußgleis. Kraftwagenpark mit Anhängern. Fuhrpark. 2. Malzfabrik Pirna (verpachtet). Grundbesitz: 24450 qm. Anlagen: Gersteputz- und Sortieranlage, eigene Brunnenanlage, Gerste- und Malzlagerräume für rund 70 000 Ztr. Reichsbahnanschlußgleis. Produktionsfähigkeit: Bis zu 90000 Ztr. Malz jährlich. 3. Bierniederlagen: In Bischofswerda, Bockwitz, Döbeln, Freiberg, Jessen, Königsbrück, Krippen, Bad Liebenwerda und Meißen. Beteiligungen (s.d.): 1. Schloß-Brauerei Chemnitz A.-G., Chemnitz, Beteiligung: 55 % = nom. RM 2.420.000,00; 2. Sächsische Union-Brauerei Aktiengesellschaft, Zwickau (Sachs.), Beteiligung: 54.5% = RM 574.500,00; 3. Feldschlößchen-Brauerei Aktiengesellschaft zu Chemnitz-Kappel, Beteiligung: 52.6 % = nom. RM 867.000,00; 4. Actien-Bierbrauerei zu Reisewitz, Dresden, Beteiligung: rund 53.3 % = nom. RM 320.000,00; 5. Brauerei zum Felsenkeller Pirna Aktiengesellschaft, Pirna, Beteiligung: 53 % = nom. RM 159.000,00; 6. Brauerei "Glückauf" Richard Hübsch G. m. b. H., Gersdorf i. Sa., Beteiligung: 51 % =
QUELLE[Handbuch Akt.-Ges. (1943) 689]


ZEIT1856
THEMAGründung
TEXTDie Gründung der Brauerei erfolgte im Jahre 1856. Das erste Statut datiert vom 12. September 1857 und wurde durch Ministerial-Dekret vom 6. Oktober 1857 bestätigt. Die Stätte, auf welcher die Brauerei erstand, gehörte zu dem Landgebiete von Grassis Villa, einer der beliebtesten Ausflugsorte der Bewohner Dresdens. Auf diesem Areal wurde das Unternehmen in dem genannten Jahre mit einem Aktienkapital von 300.000 Thalern, eingeteilt in 3000 Stück Aktien à 100 Thaler, ins Leben gerufen. Da man die Keller in den nach dem Weißeritzflusse zu gelegenen, steil abfallenden Syenitfelsen hineintreiben mußte, so war der Name: Brauerei zum Felsenkeller für die Gesellschaft von selbst gegeben. Gründer waren: Heinrich Bertram, T. Bienert, Karl Kaiser, Felix Kaskel, A. Kittler, Bernh. Klinger, Julius von Lindenau, Ernst Rossner, Karl Rudolph, Otto Seebe, August Weigel und Alexander Winkler. Das Unternehmen hat klein angefangen; aber wenn der Wert eines solchen aus dem Fortschritt, den es in seinen Erzeugnissen macht, zu erkennen ist, so zeigt ein Blick auf die Jahresumsätze, zu welch hoher Blüte sich die Brauerei entwickelt hat.
Die erhebliche Steigerung des Absatzes hat im Laufe der Jahre zahlreiche bedeutende Neubauten und Erweiterungen notwendig gemacht. Besonders in den Jahren 1895 - 1900 wurden große bauliche Umänderungen vorgenommen, welche durch den wertvollen Rat und die Mitarbeit derMaschinenfabrik Germania in Chemnitz glatte Durchführung fanden. Diese umfangreichen Erweiterungen legen Zeugnis dafür ab, daß die Verwaltung ihre Aufgabe gewissenhaft zu erfüllen bestrebt war, indem sie, alle Fortschritte im Brauwesen sorgsam verfolgend, stets auf weitere Vervollkommnung der Anlagen Bedacht nahm.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 9]


ZEIT1900
THEMABrauprozeß
TEXTBevor wir einen Rundgang durch das Etablissement antreten, sei eine kurze Darstellung des Brauprozesses gegeben. Die Gerste wird in der Mälzerei-Anlage verarbeitet (gemälzt), das Endprodukt dieses Fabrikationszweiges ist das Malz. Dieses wird, nachdem es etwas gelagert hat, in der Schroterei-Anlage zerkleinert (geschroten). Im Sudwerk wird das Malzschrot und der während des Sudprozesses zugegebene Hopfen extrahiert und dadurch die Würze gewonnen. Die heiße Würze ist dann auf Kühlschiffen und Kühlapparaten zu kühlen, um so, zur Gärung vorbereitet, in besondere Stellbottiche zwecks Zusetzens der Hefe, zu fließen. Die eigentliche Gärung vollzieht sich in Gährbottichen im Gärkeller. Während dieses Prozesses wird ein großer Teil des Würzeextraktes aufgebraucht und verändert (Umsetzung in Alkohol und Kohlensäure). Nach der Durchführung der Hauptgärung kommt das Bier (gegorene Würze) in die Lagerfässer (im Lagerkeller) und erhält hier jene Eigenschaften, welche es zu einem gesunden, wohlschmeckenden und bekömmlichen Getränk machen. Mit dem Extraktverlust, der Bereicherung an Kohlensäure und der Klärung des Bieres ist die Veredelung des Geschmackes verknüpft.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 12]


ZEIT1900
THEMAWasserversorgung
TEXTBei Besichtigung der Brauerei bemerken wir sofort, dass schon ihre Lage der Güte des Bieres günstig ist. Wenn die Erfahrung lehrt, daß Licht, Luft, Boden und Wasser jedes Fabrikationsprodukt beeinflussen, so läßt sich kaum eine bessere Lage denken, als die der Brauerei zum Felsenkeller bei Dresden. Malerisch liegt sie am Eingang des an Naturschönheiten reichen Plauenschen Grundes, also außerhalb der mit schwerem Dunst überlagerten Großstadt. Die reine Luft und der Einfluß des Sonnenlichtes sind aber besonders für die im Entstehen begriffenen Biere zuträglich. Ganz vortrefflich ist es um den für den Brauprozess außerordentlich wichtigen Faktor, um das Wasser bestellt. Die Syenitfelsen, die sich neben der Brauerei auftürmen, die steinigen Erdschichten, welche sich kilometerweit um die Brauerei herum verfolgen lassen, und der gänzliche Mangel sumpfigen Bodens bürgen dafür, dass kein unreines Wasser vorhanden ist. Eine ausreichende Befriedigung des Wasserbedarfes aber wurde, nachdem das anfangs benutzte Brunnenwasser nicht mehr genügte, bald in dem idyllischen Tal gefunden, welches sich von Kleinnaundorf nach Kaitz hinzieht. Hier sind drei große Werke mit Dampfpumpen angelegt worden, die hinreichend Wasser denkbar bester Qualität in das oberhalb der Brauerei gelegene Hochwasserreservoir unterirdisch durch etwa drei Kilometer lange Stränge leiten. Zwischen Syenit, Plänern und Sandstein-Felsgebiet, durchzogen von sumpffreien Äckern und Laubgebüschen, liegt das Quellgebiet, welches in erheblicher Ausdehnung mit großem Kostenaufwand erworben worden ist, um den Wasserbedarf der Brauerei aufdie Dauer zu sichern. Ein Blick in die Wasserwerksanlagen mit ihren leistungsfähigen Maschinen zeigt die solide Ausführung, und die geschilderten Bodenverhältnisse gewährleisten eine vorzügliche, kaum zuübertreffende Beschaffenheit des Wassers.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 13]


ZEIT1900
THEMAMälzerei und Schrotung
TEXTBetritt man die Anlage vom Haupteingang aus, so gruppieren sich die Baulichkeiten in einem mehrfach durchquerten Rechteck, an das sich, durch den Weißeritzfluß getrennt, ein weiterer Gebäudekomplex anschließt. Die Weißeritz ist dreimal überbrückt, und eine dieser Überbrückungen trägt den wichtigen Ammoniakberieselungskondensator, der samt dem darunter wegschäumenden Fluß mit dem felsigen Hintergrund einen prächtigen Anblick darbietet. Die Gebäude hängen, je nach ihrer Bestimmung und je nachdem die maschinellen Einrichtungen dies erfordern, zumeist zusammen und gestatten einen leichten Überblick über den Betrieb und einen bequemen Rundgang. Wir sehen, wie die ankommende Gerste in große Rümpfe ausgeschüttet und mittels Becherwerke bis an den obersten Boden gehoben wird, um dann von hier aus die sorgfältig regulierten Putzmaschinen zu durchlaufen, welche scharfe Auslese halten, so daß nur gesunde und volle Ware auf die darunterliegenden Schüttböden fallen kann. In großen Gefäßen - Quellstöcke oder Weichen genannt - wird die Gerste gewaschen, sie nimmt das nötige Vegetationswasser auf, gelangt dann auf große luftige Tennen und verlässt diese als Grünmalz, um auf die Darren gebracht zu werden. Diese sind mit Selbstwendern und sinnreichen Kontrollvorrichtungen ausgerüstet, welche den Zweck haben, ein gleichmäßiges und gutes Malz zu erzeugen. Weiter führt uns unser Weg über Böden, auf denen große Malzvorräte lagern, an endlosen Reihen aufgestellter Hopfensäcke vorüber nach den über den Sudhäusern aufgestellten Schrotereianlagen. Hier sei der automatischen Waagen gedacht, die ohne Zutun von Menschenhand genau das beim Königlichen Steueramt deklarierte Malzquantum abwiegen und auf die darunter stehenden Walzenstühle behufs der Schrotung fallen lassen.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 15]


ZEIT1900
THEMASudhaus
TEXTEin würziger Duft umgibt uns; es zischt und brodelt in den Kesseln, und fleißige Hände rühren sich, damit der Sud gelinge. Wir befinden uns in den Sudhäusern. Zwei gewaltige Doppelsudwerke mit Feuerheizung und ein Doppelsudwerk mit Dampfheizung, von der Maschinenfabrik-Germania in Chemnitz geliefert, gestatten eintägliches Versieden von rund 30.000 kg Gerstenmalz. Was den Rauminhalt der Gefäße in den genannten drei Sudhäusern anlangt, so ist zu bemerken, daß die Maischbottiche 63.350 l, die Maischkessel 32.500 l, die Läuterbottiche 61.500 l und die Würzepfannen 65.100 l fassen. Die aus den Sudhäusern resultierenden Treber werden, soweit sie nicht in nassem Zustande an Landwirte der Umgegend verkauft werden, in einem in der Nähe der Sudhäuser aufgestellten Trebertrockenapparat mittels Abdampf getrocknet.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 15]


ZEIT1900
THEMAKühlschiffe
TEXTSieben Kühlschiffe mit einer Fläche von 471 qm und einem Fassungsraum von 854 hl sind hier aufgestellt. Aber nur verhältnismäßig kurze Zeit verbleibt die aus den Sudhäusern hierher gepumpte Würze zwecks Lüftung und Absetzens auf den Kühlschiffen, um sodann über drei Flächenberieselungs-Kühlapparate von ca. 400 hl Leistungsfähigkeit in der Stunde in große Sammelkästen gelassen zu werden. Hier wird die Hefe zur Würze gegeben und die Hauptgärung eingeleitet.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 17]


ZEIT1900
THEMAGär- und Lagerkeller
TEXTIn langen, schnurgeraden Reihen stehen 382 Gärbottiche mit einem Gesamtfassungsraum von 13.752 hl. Unabhängig von der Außentemperatur der Luft wird dieser Raum beständig durch künstliche Kühlung auf + 4°R gehalten. Es bedarf noch eines kurzen Weges, um in die vierte wichtige Betriebsabteilung, die Lagerkeller, zu gelangen. Diese bestehen aus 34 Abteilungen, welche 79.000 hl zu fassen vermögen. Die Temperaturen werden hier auf + 0,5 - 1,0 °R gehalten.Die geräumigen und sauberen Abteilungen machen einen überaus stattlichen Eindruck. Für den Laien sind aber die in den harten Syenit gehauenen Felsenkeller die interessantesten und sehenswertesten. In den nach dem Weißeritzfluß zu gelegenen, steil abfallenden hohen Felsen wurden im Jahre 1856 nebeneinander neun 66 m lange Tunnel hineingetrieben, welche je 6 - 6,5 m Breite und 6 m Höhe haben. Sie stoßen rückwärts auf einen 140 m langen Verbindungsgang, welcher gestattet, die Lagerfässer hinein- und herauszuschaffen, ohne die Kellereien zu öffnen. An geeigneten Stellen angebrachte, durch den Felsen gebrochene und oben als Essen ausgehende Ventilationsschächte sorgen für entsprechende Lufterneuerung, welche durch praktisch angebrachte kleine Heizvorrichtungen bedeutend gefördert werden kann. Diese gleichfalls mit künstlicher Kühlung versehenen Keller sind trocken und halten gute, gleichmäßige Temperaturen; sie sind elektrisch beleuchtet und gewähren in diesem Lichte einen eigenartigen Anblick.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 17]


ZEIT1900
THEMAMaschinen- und Kesselhaus
TEXTDie Kessel-Anlagen, welche für den maschinellen Antrieb und für die Fernheizung den Dampf erzeugen. Es sind vorhanden: 4 große Cornwallkessel mit je 2 Flammrohren und ein kombinierter Kessel mit 4 Flammrohren von zusammen 480 qm Heizfläche. Mittels dieser Anlage können in einer Stunde 10.000 kg Wasser in Dampf verwandelt werden, doch sind nicht alle Kessel gleichzeitig im Betriebe, vielmehr steht immer ein Kessel in Reserve und ein Kessel zur Reinigung, wodurch dem Betriebe die größtmögliche Sicherheit geboten wird. Vom Kesselhaus treten wir in den Dampfmaschinenraum, wo sich dem Auge zuerst eine 400pferdige Tandem-Dampfmaschine mit Ventilsteuerung, gegenüberliegenden Zylindern und Schwungrad für Hanfseilbetrieb darbietet, außerdem eine zweite Dampfmaschinevon 80 Pferdestärken, ebenfalls mit Ventilsteuerung. Zur Abkühlung der Würzen, zur Kühlung der gesamten Kellerräume, zur Abführung der in den Gärbottichen frei werdenden Wärme, zur Erzeugung von täglich 250 Ztr. Blockeis usw. sind drei Ammoniak-Kompressoren mit zusammen 500.000 Wärmeeinheiten stündlicher Leistung aufgestellt. Die zu der Kälteerzeugungsanlage gehörigen Apparate, wie Kondensatoren, Generatoren, Süsswasserkühler, Pumpen usw. fanden in den angrenzenden Räumen Unterkunft. Dampf- und Kühlmaschinenanlage wurde von der Maschinenfabrik Augsburg geliefert. Die elektrische Beleuchtungs- und Kraftübertragungsanlage besteht aus zwei primären Dynamomaschinen, System Lahmeyer, Aachen, mit einer Leistung von je 310 Ampere, 110 Volt Spannung, welche die ausgedehnte Lichtanlage, eine Akkumulatoren-Batterie von Gottfried Hagen, Kalk, und 4 Elektromotoren von zusammen 57 Pferdekräften speisen.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 21]


ZEIT1900
THEMAPicherei, Faßabfüllung
TEXTFassvorbereitungsanlage, Picherei,Wäscherei und Aicherei. Die Fässer werden auf Spezialmaschinen entpichtund gepicht, von besonderen Rollapparaten bewegt und auf raschlaufenden Maschinen äußerlich, auf Spritzköpfen innerlich gewaschen. Die Reifen der Transportfässer werden durch eine Maschine "System Neubecker" rasch, gleichmäßig und geräuschlos angezogen, gebrauchte und neue Fässer durch amtlich geprüfte Eichapparate vermessen, worauf das Ergebnis der Eichung durch Brenneisen dem Fasse aufgeprägt wird. Mit Leichtigkeit bearbeitet ein gut geschultes Personal in dieser geräumig angelegten und luftigen Halle die ununterbrochen ankommenden Fastagen. Auf Sauberkeit wird die peinlichste Sorgfalt verwendet und da die Biere in die denkbar reinsten Behälter kommen, so ist diese Behandlung für die Getränke, auch hinsichtlich des Geschmackes, des Ansehens und des hygienischen Wertes von günstigstem Einfluß. Die auf das sorgfältigste zugerichteten Transportgebinde gelangen nunmehr mittels einer abschüssigen Bahn, von ihrer eigenen Schwere fortbewegt, durch einen unterirdischen Gang, indem sie noch austrocknen und auskühlen, in die Abziehhalle, einen künstlich gekühlten, oberirdischen Raum mit Einrichtungen zum Füllen der Transportgebinde ohne Kohlensäureverlust.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 22]


ZEIT1900
THEMATransporteinrichtungen
TEXTMit der Brauerei ist eine eigene, ziemlich ausgedehnte Gleisanlage verbunden, welche an die Königlich Sächsische Staatseisenbahn anschließt. Eine in die Zweiggleisanlage eingeschaltete Zentesimalwaage ermöglicht zugleich ein Nachwiegen der ankommenden Güter. Der Versand wird durch diese Gleisanlage merklich erleichtert. Eine praktisch angelegte Bahnverladehalle gestattet ein bequemes und sorgfältiges Verladen der Gebinde. Zur Abfertigung für die nahegelegenen Orte ist eine besondere Verladehalle vorhanden, die einen stattlichen Fuhrpark erfordert. In unmittelbarer Nachbarschaft der beiden Ladehallen, die in direkter Verbindung mit der Abziehhalle stehen, befindet sich die Eisausgabe, nach welcher das Kunsteis mittels einer Schmalspurbahn befördert wird.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 22]


ZEIT1900
THEMAWerkstätten, Laboratorium
TEXTWir werfen noch einen Blick in die Schmiede und Wagenbauanstalt, in der die erforderlichen Transportwagen hergestellt werden, in die Schlosserei, in der ständig sechs Schlosser und ein Kupferschmied, und in die Zimmerwerkstatt, in der sechs Zimmerleute ununterbrochen tätig sind, während außer diesen Handwerkern noch fortdauernd sieben Maurer Beschäftigung finden.
Schliesslich betrachten wir noch die Betriebskontrolle (Laboratorium), in der von der Ankunft der Gerste bis zum Ausstoß des Bieres alle Stufen der Biererzeugung sorgfältig überwacht werden. Zu diesem Zwecke wird die Tauglichkeit der Materialien untersucht, genaue Auswahl unter denselben getroffen und die Entwicklung des Stoffes ununterbrochen beobachtet und geprüft, Massnahmen, welche in ihrer Zusammenwirkung schließlich zu der anerkannten Vorzüglichkeit der Biere der Brauerei zum Felsenkeller beitragen.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 26]


ZEIT1900
THEMABraustübl, Besichtigung
TEXTNoch wird eine kurze Rast in dem sinnig ausgestatteten Bräustübl gehalten, um den Stoff zu kosten, dessen Herstellung sich so mancher Besucher einfacher vorgestellt hat. Die Besichtigung unseres Etablissements wird übrigens gern gestattet; Gesellschaften und Vereine werden jedoch um vorherige Anmeldung unter Angabe der ungefähren Zahl der Besucher und des Tages und der Stunde des Eintreffens gebeten. Von dieser Erlaubnis ist seither schon häufig Gebrauch gemacht worden.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 26]


ZEIT1900
THEMAVertrieb, Biersorten, Rohstoffe
TEXTDas Absatzgebiet der Brauerei erstreckt sich auf das Königreich Sachsen und die angrenzenden Provinzen. Ausfuhr nach überseeischen Ländern findet nicht statt. Sechzig eigene Pferde mit Wagen und dazu noch Lohngeschirre (an manchen Tagen bis 30) besorgen die Zufuhr des Bieres zu der Kundschaft in und bei Dresden, während die mit Kühl- und Heizanlage versehenen Biertransportwagen, Eigentum der Brauerei, zum Versand durch die Bahn dienen. Aber auch in nächster Nähe, dem der Gesellschaft gehörigen Restaurant zum Felsenkeller, kann man die Biere der Brauerei kosten. Es bietet dieses Restaurant mit seinen Sälen und seinem schattigen, großen Garten einen angenehmen Aufenthalt. Seine Lage zwischen Felsen und bewaldeten Höhenzügen ist ungemein gefällig, und mit Recht gehört es zu den beliebtesten Ausflugszielen der Bewohner Dresdens. Die Herstellung des Bieres umfaßt verschiedene Arten, die aber allesamt ausschließlich aus bestem Malz, Hopfen, Hefe und Wasser gebraut werden, in erster Linie erzeugt die Brauerei das infolge seines hohen Extraktgehaltes in allen Schichten der Bevölkerung gleich beliebte Dresdner Felsenkeller-Lagerbier, das den besten Erzeugnissen zuzurechnen ist und unübertroffen dasteht. Außerdem werden Biere nach Böhmischer, Münchner und Kulmbacher Art, sowie einfache und Bockbiere gebraut, die sich sämtlich durch Wohlgeschmack und Bekömmlichkeit, sowie durch außergewöhnliche Haltbarkeit auszeichnen. Die Brauerei gibt ihre Biere nur in Gebinden an Wiederverkäufer ab. In Flaschen können sie nur indirekt bezogen werden. Aber eine Anzahl der ersten Bierhändler bezieht die Biere von der Brauerei in Gebinden, füllt sie auf Flaschen ab und bringt sie so in den Handel. Grundsätzlich werden, wie schon oben bemerkt, nur Rohmaterialien allerbester Qualität verwendet. Der Hopfen - im letzten Jahre 1250 Zentner - wird vorwiegend vom Produzenten gekauft, und zwar findet in der Hauptsache bester Saazer Hopfen Verwendung, in der eigenen Mälzerei werden nur feinste slowakische, mährische und böhmische Gersten verarbeitet. Der Verbrauch an Malz betrug im letzten Geschäftsjahre 106.000 Zentner.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 28]


ZEIT1900
THEMAFinanzielles, Unternehmensleitung
TEXTDie Brauerei ist mit einem Kapital von 900.000 M. errichtet worden. Obwohl sie von Jahr zu Jahr wuchs, obwohl ein Bau nach dem ändern sich nötig machte, die baulichen und maschinellen Anlagen sich erweiterten und mit der Ausdehnung des Betriebes die Verdoppelung und Verdreifachung der inneren Einrichtungen Hand in Hand ging, so wurde doch das Aktienkapital niemals erhöht. Vielmehr wurden zur Ausführung dieser verschiedenen, zumeist sehr kostspieligen Anlagen, zunächst im Jahre 1859 eine Anleihe von 100.000 Thalern, dann 1873 eine weitere dergleichen von 450.000 Mark und 1891 ein hypothekarisches Darlehn von 600.000 Mark aufgenommen, nachdem inzwischen die Anleihe von 1859 im Jahre 1882 und die vom Jahre 1873 im Jahre 1896 ganz getilgt worden waren. Für die neuesten Erweiterungsbauten, welche einen Aufwand von über 1.000.000 Mark verursachten, wurde im Jahre 1898 ein Handdarlehn von 400.000 Mark aufgenommen, das in den nächsten Jahren zurückgezahlt werden soll. Mit einer mustergültigen Sparsamkeit und Vorsicht der Betriebsleitung ging gleich in den ersten Jahren des Bestehens der Gesellschaft eine seltene Genügsamkeit der Aktionäre Hand in Hand, welche ihnen später reichlich vergolten werden sollte. So wurden von Anfang an große Abschreibungen auf die Aktiv-Konten vorgenommen und die Reserven des Unternehmens zu einer ansehnlichen Höhe von 300.000 Mark auf Reservefonds-Konto, 450.000 Mark auf Spezial-Reservefonds-Konto und 576.359 Mark auf Delkredere-Konto gebracht. Der Unterstützungsfonds hatte am 30. September 1899 die ansehnliche Höhe von 305.380 Mark erreicht. Der Umsatz der Brauerei steht im Verhältnis zum Aktienkapital ohne Beispiel da, und diesem Umstande allein ist die Verteilung der hohen Dividenden zu verdanken. Daß zu solch glänzender Entwicklung eines industriellen Unternehmens eine tüchtige Leitung gehört, bedarf keiner weiteren Begründung. Große Verdienste um das Aufblühen des Etablissements hat sich der im Jahre 1894 verstorbene Kgl. Sächs. Kommerzienrat Herr Carl Krimpe erworben, welcher 32 Jahre lang als geschäftsführender Direktor an der Spitze der Gesellschaft stand und mit außergewöhnlichem Geschick, mit Treue und Gewissenhaftigkeit seines Amtes waltete. Eine über dem Haupteingang zur Brauerei angebrachte Gedenktafel verewigt das Andenken an die Wirksamkeit dieses unvergeßlichen Mannes. Seit dem Tode des Herrn Kommerzienrats Krimpe ist Herr Emil Everth geschäftsführender Direktor und Vorsitzender des Direktoriums, welchem die Herren Justizrat Dr. Eduard Wolf und Fabrikbesitzer Johann Louis Guthmann, beiderseits in Dresden, als beratende Mitglieder zur Seite stehen. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Herr Rentier A. E. Blembel in Dresden, und die Stelle des Braumeisters wird von Herrn Paul Grohmann eingenommen.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 30]


ZEIT1900
THEMAPersonalwesen
TEXTDie Brauerei beschäftigt über 300 Personen. Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern besteht ein befriedigendes Verhältnis. Seit Jahren erhalten die Beamten und Arbeiter einen Anteil vom Reinerträgnisse der Gesellschaft in Form von Weihnachtsgratifikationen, welche in dem letzten Jahre sich auf rund 44.000 Mark beliefen. Ein erheblicher Teil derselben ist durch den Gesellschaftsvertrag gewährleistet. Die vor einigen Jahren errichtete Sparkasse verzinst den in der Brauerei beschäftigten Einlegern ihre Ersparnisse mit 4 Prozent. Segensreich wirkt auch die Einrichtung einer Kantine seitens der Brauerei, in der ein von ihr bezahlter Koch Speisen an die Arbeitnehmer gegen mäßige Bezahlung verabreicht. Für das körperliche Wohlbefinden ist unter anderem durch Badeeinrichtungen gesorgt, welche zur freien Benutzung stehen. Arbeitsunfähige, sowie deren Witwen erhalten aus der Unterstützungskasse Beihilfe. Alljährlich schickt die Gesellschaft auf ihre Kosten eine Anzahl schwächlicher Kinder ihrer Arbeitnehmer - in diesem Jahre 37 - in die Ferienkolonien, eine Einrichtung, die sich als sehr segensreich erwiesen hat. In Krankheitsfällen zahlt die Brauerei ein Drittel des bezogenen Lohnes als Zubuße zu den von der Orts-Krankenkasse gewährten Krankengeldern.
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 33]


ZEIT1900
THEMABierqualität
TEXTDie Leitung der Brauerei war von jeher der Ansicht, dass unter Bier lediglich ein durch wenige Gärung ohne Destillation erzeugtes Getränk zu verstehen sei, zu dessen Herstellung ausschließlich Malz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden sollen und daß dem Publikum unterdem Namen "Bier" nur ein Getränk von dieser Zusammensetzung geliefert werden dürfe. Die nach diesen Grundsätzen erzeugten Biere verdienen deshalb gleich den böhmischen und bayrischen die Bezeichnung echter Biere. Die Felsenkeller-Brauerei ist auch jederzeit für ein Verbot der Verwendung von Surrogaten zur Bierbereitung eingetreten, welches hoffentlich recht bald Gesetzeskraft erlangen wird. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf einen Irrtum aufmerksam machen, der, weil er auch unter den Herren Ärzten Verbreitung gefunden hat, für die inländische Brauindustrie höchst nachteilig ist. Die inländischen Biere werden als "Lagerbiere" häufig für weniger bekömmlich und somit für weniger empfehlenswert erachtet wie die in Bayern und Böhmen erzeugten Biere. Nun sind aber alle bayrischen und böhmischen Exportbiere, gleich den in Frage kommenden hiesigen Bieren, ebenfalls Lagerbiere, denn alle untergärig gebrauten Biere werden, weil sie monatelang gelagert werden müssen, zum Unterschied von den obergärig gebrauten Bieren, welche keiner längeren Lagerung bedürfen, Lagerbiere genannt. Was den Gehalt der Felsenkellerbiere an Alkohol anlangt, so ist dieser niedriger als der der meisten sogenannten echten Biere. Es muß dies besonders hervorgehoben werden, weil die gegenteilige Ansicht leider sehr verbreitet ist. Zum Beweise hierfür beziehen wir uns auf nebenstehenden Bericht vom 05.06.1900 des approbierten Nahrungsmittel-Chemikers und chem. Sachverständigen des Königl. Land- und Amtsgerichtes Dresden, Dr. F. Filsinger: Dresdner Felsenkeller "Pilsner": 3,33 Gewichtsprozent Alkohol, "Lagerbier": 3,63%, "Märzenbier": 3,81%. Zum Vergleich hat "Pilsener" der Ersten Pilsener Aktienbrauerei 3,51%, Erste Kulmbacher 3,78%, Münchner Löwenbräu 3,78%, "Pilsener" der Genossenschaftsbrauerei Pilsen 3,79%, Augustinerbräu München 4,10%, Kulmbacher Rizzibräu 4,27% und Kulmbacher Reichelbräu 4,73%
QUELLE[Dresdner Felsenkeller (1900) 34]