Rheinische Hartgummi-Waaren-Fabrik

Allgemeines

FirmennameRheinische Hartgummi-Waaren-Fabrik
OrtssitzMannheim
OrtsteilNeckarau
StraßeEisenbahnstr. 4 - 8
Art des UnternehmensGummiwarenfabrik
AnmerkungenFriedrich Bensinger und Viktor Lenel = Firmengründer. Ursprünglicher Grundbesitz: 612 Ruthen = 5508 qm; zweistöckiger Hauptbau und daran angebauter Shedbau sowie kleinere Magazine. Ab 1885: "Rheinische Gummi- und Celloloid-Fabrik" (s.d.)
Quellenangaben[Braas: Kunststoff, gestern-heute-morgen (1973)] [Zum 25jähr. Jubiläum der RhG&CF (1898)]




Unternehmensgeschichte

Zeit Ereignis
03.04.1873 Abschluß des Gesellschaftsvertrags zur Gründung der "Rheinischen Gummi-Waaren Fabrik" von Friedrich Julius Bensinger gemeinsam mit dem Bankhaus H. L. Hohenemser & Söhne und den Unternehmern Gebr. Lehnel
25.04.1873 Viktor Lenel gründet mit Friedrich Bensinger die "Rheinische Hartgummifabrik" (Datum = Eintragung ins Gewerberegister). Das eingeschriebene Grundkapital beträgt 900.000 Mark.
1874 Das Werk kann die ersten Produkte aus den "Gummiharzen ... von der afrikanischen Küste und den daselbst befindlichen Inseln" bis nach Frankreich, Spanien und Rußland liefern.
Frühj. 1874 Vergrößerung des Betriebs: Zwei Gummiwalzwerke und ein Stanniolwalzwerk werden angeschafft. Die Fabrik arbeitet, um der Nachfrage genügen zu können, teilweise Tag und Nacht.
22./23.06.1874 In der Nacht zerstört ein Schadenfeuer das gesamte Dachwerk des Walzensaals (Parterreraum des Hauptbaues) sowie zahlreiche Rohrleitungen, Transmissionen und - was besonders empfindlich ist - wertvolle Modelle. Der Schaden beläuft sich auf 20.000 Gulden. Der Betrieb gerät nahezu einen Monat ins Stocken.
1877 Ausdehnung der Hartgummifabrikation
1877 Errichtung einer neuen Anlage zur Erzeugung von Knöpfen aus einer harzartigen (gummiähnlichen) Masse.
Frühj. 1877 Weitere Ausdehnung durch Umwandlung der bisherigen Pack- und Versandräume zu Arbeitsräumen. Es werden neue Versandräume geschaffen.
1878 Die "Compagnie Francaise du Celluloid" präsentiert ihre Celluloidprodukte mit großem Erfolg auf der Weltausstellung Paris. Die Mannheimer Gummiwarenfabrik erhält hierdurch Impulse für die Einführung des neuen Werkstoffs.
1880 Das Unternehmen beginnt vor 1881, Produkte aus Celluloid zu formen, beispielsweise 1880 maschinell gesägte Celluloidkämme.
1880-1881 Bald nach der Herstellung von Produkten aus aus Frankreich eingeführtem Celluloid stellt sich heraus, daß die Masse nicht den qualitativen Anforderungen der Verarbeiter entspricht. Daher beginnt man, in Neckarau selbst Celluloid herzustellen.
1880 Von England und Nordamerika, später von Frankreich her, taucht ein neues Produkt auf, das unter Umständen den Hartgummi vollständig zu verdrängen oder doch teilweise zu ersetzten droht. Dies ist das Celluloid oder, wie man es zu dieser Zeit nennt, "Parkesin" oder "Lithoxyd". Die Herstellungweise sowie die Eigenschaften der Materie sind in Deutschland niemandem bekannt, und das erste Aufsehen, das die neue Materie erregt, wird durch die ungeheure Brennbarkeit, um nicht zu sagen: Explosionsfähigkeit, des Stoffes bedeutend herabgemindert. Unter diesen Umständen ist es leicht begreiflich, daß auch die Presse dem neuen Stoff ihre Aufmerksamkeit zusendet, und die stets wiederkehrenden, gegen das Celluloid gerichteten Artikel tragen nicht dazu bei, sein Ansehen zu heben. - Friedrich Julius Bensinger ist wohl der einzige Mann Deutschlands, der die Wichtigkeit des Materials erkennt und ihm seine volle Beachtung schenkt. So kommt es, daß sein Unternehmen das erste Deutschlands ist, dem es gelingt, tatsächlich ein brauchbares Celluloidmaterial herzustellen.
05.1880 Friedrich Jander löst sein Verhältnis zur Firma G. Magnus in Berlin und tritt im Mai in die Rheinische Hartgummiwarenfabrik in Mannheim-Neckarau ein, mit der Absicht, dort die Celluloid-Fabrikation in größerem Umfang aufzunehmen.
Ende 1880 Es werden im Neckarauer Betrieb die ersten "bescheidenen Gebäude" für die Nitirierung (Celloloid-Fabrikation) errichtet. Dort werden in primitiver Weise und mit einem später unverständlichen Wagemut die unbekannten und nicht ungefährlichen Roh- und Halbprodukte behandelt.
1881 Errichtung der Nitrieranlage Rheinau zur Produktion des Celloloid-Rohstoffes Nitrocellulose aus Sicherheitsgründen zur örtlichen Trennung von der Celluloidverarbeitung in Neckarau. Die anfangs sehr primitive Anlage wird von Dr. Fritsche geleitet. In kurzer Zeit gelingt es, ein allen Anforderungen entsprechendes, gut lösliches Nitrat zu erhalten.
1881 Die Fabrik führt erfolgreich die "Heißpreßmethode" für Celluloid ein.
1881 Seit 1881 beginnt die Rheinische Hartgummi-Fabrik ihr Rohcelluloid nach Frankreich zu liefern.
Sommer 1882 Eine Trockenanlage für Nitrocellulose in Neckarau explodiert, und ein auf dem Dach dieser Anlage arbeitender Klempner wird getötet.
1882/83 Nach der Explosion in der Trockenanlage für Nitrocellulose untersagt die Großherzogliche Fabrikinspektion den gesamten Betrieb in der gegenwärtigen Form, weil man sich nach Annahme der Fabrikinspektion unbekannten Kräften gegenüber befindet. - Nach monatelanger Pause wird ein auf bisher fremden und neuen Prinzipien beruhendes Verfahren festgestellt, welches die ungeschmälerte Genehmigung der staatlichen Behörden erwirbt.
1884-1885 Die Produktion von Weichgummiartikeln für den technischen Bedarf (Schläuche, Klappen, Puffer, Teile für die Maschinentechnik usw.) wird aufgenommen.
1884 Bensinger erhält auf einer seiner häufigen Reisen nach Paris Kenntnis von der Verwendung dünner Celluloidplatten in Verbindung mit Geweben zur Erzeugung von abwaschbaren Kragen, Manschetten usw.
27.03.1885 Totale Vernichtung des Hauptwerks in Neckarau durch einen Brand. Das Feuer bricht im Dachraum des Hauptgebäudes aus. Von Winden unterstützt, greift das Feuer mit rasender Schnelligkeit um sich, so daß im Verlauf weniger Stunden die gesamte Anlage in Schutt und Asche gelegt wird. Bereits 10 Minuten nach Ausbruch des Brandes ist an eine Rettung nicht mehr zu denken. Verschont bleiben nur einige Nebengebäude sowie das Kessel- und Maschinenhaus. - Die Arbeiter werden bei den Aufräumarbeiten verwendet.
09.1885 Firmenänderung in "Rheinische Gummi- und Celloloid-Fabrik"




Produkte

Produkt ab Bem. bis Bem. Kommentar
Celluloid 1880 Erste Erwähnung 1885 Letzte Erwähnung 1880: Beginn; 1885: Brand und Umfirmierung
Hartgummiwaren 1873 Erste Erwähnung 1885 Letzte Erwähnung 1873: Gründung; 1885: Brand und Umfirmierung




Betriebene Dampfmaschinen

Bezeichnung Bauzeit Hersteller
Dampfmaschinen um 1873 unbekannt




Firmen-Änderungen, Zusammenschüsse, Teilungen, Beteiligungen


Zeit = 1: Zeitpunkt unbekannt

Zeit Bezug Abfolge andere Firma Kommentar
1885 Umbenennung danach Rheinische Gummi- und Celluloid-Fabrik Rh. Hartgummi --> Rh. Celluloid [Braas: Kunststoff, gestern-heute-morgen (1973) 4/42]




Allgemeines

ZEIT1885
THEMAEntwicklung des Werks
TEXTIn Dankbarkeit gedenken wir auch am heutigen Tage, dem Jubiläumstage des 25jährigen Bestehens In Dankbarkeit gedenken wir auch am heutigen Tage, dem Jubiläumstage des 25jährigen Bestehens der "Rheinischen Gummi & Celluloid Fabrik" unserer zahlreichen Freunde; indem wir ihnen dieses Heftlein widmen, sei in Nachstehendem ein kurzer Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Fabrik gegeben. Das Etablissement wurde im Jahre 1873 unter dem Titel: "Rheinische Hartgummiwaaren-Fabrik" mit dem Sitz in Mannheim, der Fabrik zu Neckarau gegründet, und zu dessen Vorstand Herr Friedrich Julius Bensinger ernannt.
Wie sich denken lässt, entsprach die anfängliche Ausdehnung keineswegs der heutigen, und man kann die ehemaligen Dispositionen bescheidene nennen. Der ursprüngliche Grundbesitz betrug 612 Ruthen = 5508 qm. Die Krafterzeugung und Heizung wurde durch zwei Dampfkessel mittlerer Größe bewirkt; zwei liegende Schieberdampfmaschinen von je 80 Pferdekräften leisteten die Arbeit Die baulichen Unternehmungen erstreckten sich auf einen gegenüber dem Neckaraucr Bahnhofe gelegenen zweistöckigen Hauptbau, einen an denselben angelehnten Shedbau und zugehörige kleinere Magazine. Zweck des Unternehmens war anfänglich die Herstellung von Gummi-Erzeugnissen, hauptsächlich von Kämmen und Schmuckgegenständen, aus den von der afrikanischen Küste und den daselbst befindlichen Inseln, bezogenen Gummiharzen. Es ist auffallend und verdient Berücksichtigung, dass die Leistungen des kleinen Unternehmens schon in den ersten Jahren in Fachkreisen Aufsehen erregten, und dass das Unternehmen sofort die Aufmerksamkeit der Käufer Frankreichs, Russlands und Spaniens auf sich zog, ein Erfolg, der nicht zum kleinsten Teil den Fähigkeiten des damaligen technischen Leiters, Herrn A. Levy, zuzuschreiben war. Schon das Frühjahr 1874 brachte durch Vergrößerung des Betriebes einen kleinen Fortschritt des Unternehmens. Zwei Gummiwalzwerke und ein Stanniolwalzwerk wurden neu angeschafft. Die Fabrik arbeitete, um der Nachfrage genügen zu können, teilweise Tag und Nacht.
In der Nacht vom 22. auf 23. Juni 1874 zerstörte ein Schadenfeuer das gesamte Dachwerk des Walzensaales (Parterre-Raum des Hauptbaues), sowie zahlreiche Rohrleitungen, Transmissionen, Rohstoffe und was besonders empfindlich war, wertvolle Modelle. Der Schaden belief sich aut etwa 20.000 Gulden; der Betrieb geriet nahezu einen Monat ins Stocken. In gleichmäßig, langsam aufstrebendem Geschäftsgange sicherte sich das Unternehmen seinen wohlgegründeten Ruf, so dass bereits im Frühjahr 1877 eine weitere Ausdehnung derart erfolgte, dass die seitherigen Pack- und Versandräume zu Arbeitsräumen umgewandelt und neue Versandräume geschaffen wurden. Gleichzeitig mit jener Vergrößerung erfolgte die Errichtung einer besonderen Halle für die Knopffabrikation aus einer dem Gummi nicht unähnlichen harzartigen Masse.
Als hervorragender Wendepunkt verdient das Jahr 1880 hervorgehoben zu werden. Von England und Nordamerika, später von Frankreich her, tauchte ein neues Produkt auf, das unter Umständen den Hartgummi vollständig zu verdrängen, oder doch teilweise zu ersetzen drohte. Dies war das "Celluloid" oder, wie man es damals nannte, Parkesin oder Lithoxyl. Die Herstellungsweise, sowie die Eigenschaften der Materie waren in Deutschland zu jener Zeit niemandem bekannt, und das erste Aufsehen, das die neue Materie erregte, wurde durch die ungeheuere Brennbarkeit, um nicht zu sagen: Explosionsfähigkeit, des Stoffes bedeutend herabgemindert. Unter diesen Umständen war es leicht begreiflich, dass auch die Presse dem neuen Stoffe ihre Aufmerksamkeit zuwandte, und die stets wiederkehrenden, gegen das Celluloid gerichteten Artikel trugen natürlich nicht dazu bei, sein Ansehen zu heben. Der Erfinder, oder besser gesagt, der erste Verfertiger des wirklichen Celluloids, ein gewisser Hyatt, fand eine solche Fülle von Verwendungszwecken, dass er auf die Frage, welchen Zwecken die neue Materie dienen solle, kurz zu antworten pflegte, "Allen".
Man kann sich denken, wie wenig ernst eine derartige anmaassend erscheinende Äußerung eines Erfinders aufgenommen wurde, während sich der Ausspruch jenes Mannes dennoch kaum 10 Jahre später bewahrheiten sollte. Staunenerregend und erwähnenswert ist der Scharfblick unseres verstorbenen Herrn Friedr. Julius Bensinger in jener Beziehung, denn man kann wohl sagen, dass er der einzige Mann Deutschlands war, der schon damals die Wichtigkeit der Materie erkannte und derselben seine volle Beachtung schenkte, und so kommt es, dass unsere Fabrik die erste Deutschlands war, der es gelang, tatsächlich ein brauchbares Celluloidmaterial herzustellen. Zunächst wurde der Celluloidrohstoff von einer damals noch sehr kleinen französischen Fabrik bezogen, welche indessen mit so erheblichen Fabrikationsschwierigkeiten kämpfte, dass sie selbst nur geringe Mengen zu Tage fördern konnte. Schon einige Monate nach jenem Zeitpunkt stand der Beschluss fest, das Celluloid in Neckarau selbst herzustellen. Kurz im Entschluss, rasch in der Tat, wurden noch gegen Ende des Jahres 1880 bescheidene Gebäude aufgeführt, in welchen in primitivster Weise und heute nahezu unverständlichem Wagemut die unbekannten und man kann wohl sagen nicht ungefährlichen Roh- und Halbprodukte behandelt wurden. Schon im darauffolgenden Jahre projektierte die Fabrik die selbständige Herstellung aller zur Celluloidfabrikation nötigen Roh- und Halbstoffe, da es sich herausgestellt hatte, dass es nur dann möglich sein könne, ein gleichmäßiges und den Anforderungen entsprechendes Endprodukt zu erzielen. Der erste Schritt hierzu war der Ankauf eines größeren Grundkomplexes zur Errichtung einer eigenen Nitriranlage. Die Anlage zur Darstellung der Nitrocellulose (Nitrieranlage) erfolgte gegenüber der damaligen chemischen Fabrik Rheinau in Rheinau, welch' letztere Fabrik die zu dem Betriebe nötigen Säuren fabrizierte; die Nähe einer chemischen Fabrik erschien in Folge des kostspieligen und schwierigen Säuretransportes wünschenswert.
Im Sommer 1882 explodierte eine Trockenanlage der Nitrocellulose in Neckarau und ein auf dem Dache dieser Anlage arbeitender Klempner wurde hierbei getötet. Die Fabrik hatte den Verlust eines Menschenlebens zu beklagen. Daraufhin wurde von der Grossh. Fabrikinspektion zu Karlsruhe der gesamte Betrieb in seiner damaligen Form rundweg untersagt, weil
man sich, wie die Fabrikinspektion anzunehmen Ursache hatte, unbekannten Kräften gegenüber befand. Eine, monatelang dauernde bange Pause in der Celluloidfabrikation war die naturgemäße Folge des Arbeitsverbotes, dieselbe wurde mit Auseinandersetzungen mit den Behörden einerseits und endlosen Versuchen zur Verminderung der Gefährlichkeit des Rohstoffes, wie des Fabrikates andererseits ausgefüllt; sie war um so empfindlicher, als die Hartgummifabrikation in Folge Preisniederganges und zufolge neugegründeter Konkurrenzfabriken nur spärliche Rente ließ. Endlich wurde doch ein Verfahren festgestellt, auf bisher fremden und neuen Prinzipien beruhend, welches die ungeschmälerte Genehmigung der staatlichen Behörden erwarb und dieses Verfahren bildet heute noch die Grundlage unserer Celluloidfabrikation. Von da ab wurde der Betrieb derart geteilt, dass die Herstellung des Halb- und Vorproduktes in Rheinau, die Veredelung dieses Produktes, oder besser gesagt, die Umwandlung in Celluloid, in Neckarau stattfand; von jener Zeit an endlich können wir ein stetes aufblühendes Gedeihen unseres Unternehmens konstatieren. Nach ununterbrochenen Versuchen gelang es, die unangenehmen Eigenschaften des ursprünglichen Celluloids zu vermeiden bzw. zu umgehen und der Materie diejenigen Eigenschaften zu geben, welche immer neue Verwendungsarten ermöglichten und noch ermöglichen.
Im Winter 1884/85 wurde eine neue Abteilung, die Weichgummifabrikation, errichtet, mit dem Fabrikationsziele sogen. technischer Gummiwaren, als Schläuche, Klappen, Puffer, kurz alle jene Artikel, die in der Maschinentechnik Verwendung finden. Der neue Betrieb war bereits im Sommer 1885 in voller Tätigkeit nach Anwerbung der nötigen kaufmännischen und technischen Hilfskräfte.
Abermals dämmte ein unerbittliches Schicksal das Aufstreben des Unternehmens. In der Nachmittagspause des 27. März 1885 brach in einem Dachraume des Hauptbaues ein Schadenfeuer aus, das, unterstützt von schädlichen Winden, mit so rasender Schnelligkeit um sich griff, dass im Verlauf von wenigen Stunden die ganze Anlage, das Werk zwölfjähriger rastloser und angestrengter Tätigkeit, in Asche gelegt wurde. Verschont von dem Feuer blieben nur kleine Nebenbauten und glücklicher Weise das gesamte Kessel- und Maschinenhaus. Element war von solch' rasender Gewalt, dass an eine Rettung, schon 10 Minuten nach Ausbruch des Brandes nicht mehr zu denken war, und die herbeigeeilten Feuerwehren von Nah und Fern mussten sich darauf beschränken, das Wenige, was noch zu schützen war, dem Elemente zu entreißen. Im Verlauf von wenigen Stunden war ein Wertobjekt von über einer halben Million Mark dem Erdboden gleich gemacht. Wer damals zu beobachten Gelegenheit hatte, wie viel Schmerz und Kummer, wie viel herbe Entmutigung des Feuers unerbittliche Macht in einer kurzen Spanne Zeit bei Arbeitgeber wie Arbeitnehmer hervorgerufen hatte, der würde schwerlich dem Etablissement seine nahe bevorstehende Größe und Bedeutung vorausgesagt haben. Ein neues Leben blühte aus den Ruinen! Mit größter Energie wurde an dem Wiederaufbau der Fabrik gearbeitet. Sämtliche Arbeiter wurden, wenn auch mit beträchtlichen Opfern, bei den Aufräumungsarbeiten verwendet und entgingen dadurch einer vielleicht traurigen, jedenfalls unsicheren Zukunft. Der Aufbau der Gebäude wurde unter Berücksichtigung des geringen unversehrten Teiles in neuer praktischer Bauart bewirkt; eine Art, die noch heute die Grundlage des unserer Fabrik eigentümlichen Baustiles bildet. Zunächst wurde ein Güterkomplex angekauft und die einzelnen Betriebe derart auseinander gezogen, dass jeder Einzelbau, meistens einstöckig, von den Nachbarbauten durch Höfe und Gehwege, zum mindesten durch erhebliche Brandgiebel abgetrennt wurde. Die einstöckigen Gebäude bestehen aus massiven Umfassungsmauern mit leichtem Dachwerk. Anscheinend wenig rentabel, in Folge schwieriger Kraft- und Wärmeübertragung, hat sich diese eigentümliche Bauart dennoch im Laufe der Jahre derart bewährt, dass wir uns derselben heute noch mit Vorliebe bedienen. Die Auseinandersetzungen mit den Feuerversicherungsgesellschaften waren äußerst schwierige und komplizierte; es fehlte wenig, so hätte sich an jenen Brand ein endloser Prozess geknüpft. Erst im Frühjahr 1886 wurde mit den Feuerversicherungsgesellschaften ein Vergleich abgeschlossen, infolge dessen das Unternehmen einen empfindlichen Verlust erlitt. Die Rentabilität war hierdurch auf Jahre hinaus stark herabgemindert. Der Wiederaufbau der Fabrik hatte nahezu ein ganzes Jahr absorbiert.
QUELLE[Zum 25jährigen Jubiläum der Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik (1898)]